Leseproben

1. Leseprobe der ersten Reise

 

19. August 2003    5.   Fahrtag   Stand ab 316 Km

ab     9.00 Uhr   an   17.00 Uhr    Stand an   367  Km

Auberive       >      Marcilly sur Tille            51 Km

Auberive-Grancey-Tal des Tille-nach Is-sur-Tille

 

Panne mit großer Hilfsbereitschaft. Meine Frau und mein Freund Mariano bringen mir Geld und Papiere. Die Pilgerfahrt ist gerettet.

Überraschungen, Panne, Diebstahl, Hilfsbereitschaft

 

War gestern der bisher anstrengendste, so war heute der ereignisreichste Tag der Pilgerreise angebrochen. Dieser hätte fast zum vorzeitigen Abbruch der Reise geführt.

 

Aber der Reihe nach:

Bei schönem, warmen und sonnigem Wetter fuhr ich eine abwechslungsreiche, immer leicht ansteigende und leicht abfallende Strecke durch das Flusstal des Tille, in Richtung Dijon und der Cote d’or. Gegen Mittag hatte ich schon beachtliche 49 Kilometer auf dem Tacho.

Bei dieser Gelegenheit ist festzuhalten, dass mein Fahrrad mit seinen Schwalbe Reifen bis dahin alle spitzkiesigen und grobsteinigen Wege, alle herumliegenden Glasscherben, spitze Stacheln und wildes Dornengestrüpp, klaglos und ohne Probleme überstanden hatte. 

 
Bis dahin !!!

Irgendetwas brachte mich dazu, in einem kleinen idyllischen Ort mit Namen Is sur Tille anzuhalten. Dort wollte ich ganz gegen meine bisherige Gewohnheit eine Kleinigkeit essen. Ich hatte mir an den vorangegangenen Tagen immer gegen Mittag in einem Supermarkt oder einer Bäckerei etwas zum Essen besorgt und mich an einem gemütlichen Plätzchen mit meiner Wasserflasche hingesetzt und gegessen. Bei einem idyllischen kleinen Restaurant mit Namen Cheval Blanc (Weißes Pferd) hielt ich an. Ich stellte mein Fahrrad in Sichtweite an eine Mauer, hinter der ein kleines Flüsschen mit Namen Tille plätscherte.

Ich setzte mich auf die Terrasse vor der Wirtschaft, um mein Fahrrad immer im Blick zu haben. Eine dortige Spezialität, die ich auf der Speisekarte gefunden hatte und die mit 5,50 Euro auch sehr preiswert war, wollte ich ausprobieren. Es handelte sich um ein riesengroßes Omelett mit Champignon, Käse und Schinken, das so groß war, dass es teilweise über den Teller hinaushing. Die Spezialität dieser „Galetta“ Omelette ist, dass sie mit dunklem Roggenmehl zubereitet werden.

 

Nach dem Essen zahlte ich und wollte weiterfahren.

Doch oh Schreck, an meinem Fahrrad war der hintere Reifen platt. Obwohl ich Schwalbe Reifen montiert hatte, nun das. Gott sei Dank passierte das Malheur in einem Ort mit Werkstätten und nicht auf freier Strecke.

 

Die Wirtsleute nannten mir auf meine Frage zwei Fahrradwerkstätten und ich schob das Fahrrad samt dem Gepäck zur ersten Werkstatt hin. Leider war diese geschlossen. Es war August und in ganz Frankreich ist der August „der Ferienmonat“. Ich fand die zweite, sehr kleine Werkstatt mit einem Vorplatz direkt an der Straße. Der Monteur wollte zunächst nichts von einer Reparatur wissen. Er ließ sich aber doch überzeugen, dass man einem Pilger, der zu Saint Jacques (Jakobus) pilgern wolle, helfen müsse.

Voller Freude lud ich mein Gepäck ab und legte es auf dem Vorplatz der Werkstatt ab. Dort ließ ich es unvorsichtigerweise unbeaufsichtigt liegen. Auch meine Weste lag dort. Diese hatte ich ausgezogen und auf dem Gepäck befestigt, da es sehr heiß geworden war.

Ich half dem jetzt sehr freundlichen und hilfsbereiten Monteur, mein Fahrrad an den Haken zu hängen und schaute ihm zu, wie die Reparatur am Hinterrad vonstatten ging. Dabei wollte ich etwas lernen, um bei einer eventuell weiteren Panne, die Reparatur alleine durchführen zu können. Während der Reparatur achtete ich nicht weiter auf das vor der Werkstatt liegende Gepäck.

 

Es stellte sich im Verlauf der Reparatur heraus, dass nicht mein Schwalbe Reifen, sondern der Schlauch das Problem gewesen war. Er hatte sich an einer kleinen Falte aufgerieben und war nicht mehr zu reparieren. Es musste deshalb ein neuer Schlauch eingezogen werden. Eigentlich kein großes Problem, die Angelegenheit war in kurzer Zeit erledigt.

 

In der Werkstatt konnte man auch Ersatzteile und Radkleidung erwerben. Da mein Regenumhang in den Vogesen am Col de la Schlucht von Sturm und Regen zerfetzt worden war, benötigte ich dringend einen Neuen.

Ich kaufte ein dort ausgestelltes relativ teueres Stück, vielleicht auch aus Dankbarkeit für die schnelle Reparatur. In der praktischen Anwendung stellte sich später heraus, dass dies ein hervorragender Kauf war.

Der Umhang war grün und aus dichtem und schwerem Gewebe. Er hatte dadurch den Vorteil, nicht bei jedem Windstoß herumgeweht zu werden. Außerdem bedeckte er die Lenkertasche und bedingt durch seine Größe, sogar die Packtaschen auf dem Gepäckträger, sowie das darauf aufgeschnallte Zelt mit Zubehör.

Bereits am nächsten Tag konnte ich diesen Umhang gut gebrauchen. Auch später in den Vorbergen der Pyrenäen, am Ibaneta Pass und in den cantabrischen Bergen leistete er mir gute Dienste.

Als ich die Rechnung für die Reparatur und den gekauften Regenumhang in Höhe von rund 50.- Euro bezahlen wollte, suchte ich vergeblich meine Weste mit dem darin befindlichen Geldbeutel.

Die Weste mit Geldbeutel und Papieren war einfach weg. Entweder war sie „gestohlen“ oder ich hatte sie „verloren“. Mir waren nur noch mein Handy und mein Pilgerausweis geblieben, da ich diese glücklicherweise in der Lenkertasche aufbewahrt hatte.

Ich suchte den ganzen Weg, den ich vom Restaurant Cheval Blanc zur ersten Werkstatt und von dort zur zweiten Werkstatt gegangen war, mehrmals ab.

In allen Geschäften an der Straße fragte ich nach dem Verbleib meiner Weste. Anschließend bei der „Mairie“ (Rathaus) und bei der Gendarmerie, aber alles ohne Erfolg. Was tun?

Der freundliche Monteur, den eigentlich ich bezahlen sollte und auch wollte, gab mir, als er von meinem Missgeschick erfuhr, unaufgefordert erst einmal 10.- Euro, damit ich mir etwas zu trinken kaufen konnte.

Nach Rücksprache in einer Bank, mit einem ebenfalls sehr freundlichen Mitarbeiter, der ein wenig deutsch sprach, wäre eine Überweisung von Geld wohl in 2-3 Tagen möglich gewesen.

Aber wie sollte ich ohne Ausweise meine Pilgerreise fortsetzen? ………………..

 
Fortsetzung im Buch

2. Leseprobe der ersten Reise

 
07. September 2003 18. Fahrtag  Stand ab  1458 Km
ab 9.30 Uhr     an 18.00 Uhr               Stand an  1546 Km

Saint-Jean Pied de Port   >   Pamplona           88 Km

Saint-Jean Pied de Port,-spanische Grenze-

Col de Ibaneta-Roncesvalles-Pamplona

Der höchste « meiner » 3 Pyrenäenpässe ist erreicht

 Pilger mit Auto, Terrorfahndung, 3 Pyrenäenpässe

 

Die ganze Nacht und auch am frühen Morgen regnete es in Strömen. Dichter Nebel hatte sich über die Häuser gelegt.

Im Frühstücksraum traf ich ein Ehepaar aus Heidelberg mit ihrem Sohn, die auch auf Pilgertour waren.

Der Vater fuhr mit dem Fahrrad und hatte die Tour in Vezelay begonnen. Er war dann über Limoges und die Via Lemovicensis bis hierher gefahren.

Seine Frau fuhr das Auto als Begleitfahrzeug. Sie richtete vormittags den Imbiss, mittags das Essen und nachmittags den Kaffee. Dann besorgte sie abends das Quartier, fuhr bei Regen zurück und brachte trockene Kleidung und erledigte außerdem viele weitere Hilfsdienste.

 

Einer seiner zwei Söhne war per Flugzeug für eine Woche herbeibeordert worden, um seinen Vater mit dem Fahrrad zu begleiten. Der zweite Sohn sollte ihn in der nächsten Woche ablösen. Ob das wohl gut ginge?

Die Söhne waren zwischen 25 und 33 Jahre alt.

Ich machte mir für mich so meine Gedanken und hatte erhebliche Zweifel. Ich stellte mir vor, wie meine zwei 27- und 32- jährigen Söhne auf solch ein Ansinnen reagieren würden. Sie sind zwar beide sehr liebe und brave Söhne und auch für manches Abenteuer zu haben, aber zum Pilgern mit dem Vater auf dem Jakobsweg?     

Ich wollte mir das lieber nicht vorstellen.

Wir würden ja später noch sehen, wie es im Fall der Heidelberger weiterginge.

Um 9.30 Uhr ließ der Regen etwas nach, so dass ich losfahren konnte.

Die ersten Kilometer mit mittleren Steigungen waren noch gut zu fahren. Viele Menschen die auf dem Feld arbeiteten, grüßten und wünschten Bon Courage (viel Mut) und Bon Voyages. (Gute Reise)Sie wollten mir wohl Mut machen für die kommenden schweren Steigungen vor der Passhöhe.

Ab Arneguy, dem Grenzort zwischen Frankreich und Spanien, stieg die Straße stetig und steil an. Dazu kam wieder starker Regen und Nebel. Irgendwann in diesem Nebel überholte mich ein junger Mann. Es war der Sohn des mit Begleitfahrzeug pilgernden Heidelbergers.

Er war jetzt schon stocksauer auf seinen Vater. Dieser hatte ihn wie er mir kurz erzählte, wohl entgegen den Absprachen überholt und war jetzt nicht mehr zu finden.

Etwas später fuhr mir der Schreck in meine durchnässten Glieder. Ich quälte mich gerade um eine enge Spitzkehre und blickte in vorgehaltene Maschinenpistolen. Ich war im ersten Moment doch etwas geschockt…………

 
Fortsetzung im Buch
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

1. Leseprobe der zweiten Reise

 

17. August 2004    24.Tag           Stand ab 1973 Km

ab 9.00 Uhr an 16.00 Uhr            Stand an 2033 Km

Rabanal del Camino>Villafranca del Bierzo  60 Km

 

Rabanal del Camino-Cruz de Ferro-El Acebo-Molinaseca-Ponferrada-Villafranca del Bierzo

 

  

Unsere Pilgersteine, die wir von zuhause mitgebracht haben und hier am “Cruz de Ferro” ablegten,

als Symbol für die “Lasten des Lebens”

 
 

1504 m, Emotion am Eisenkreuz, rasante Abfahrt

Heute war einer der anstrengendsten Tage unserer Pilgerreise angebrochen. Die Fahrt auf den Monte Irago. Auf diesem Berg steht in 1504 m Höhe das Cruz de Ferro. Wir aßen auf dem Zimmer unsere süßen Stückchen aus Astorga und tranken im Restaurant Kaffee.   Um 9.00 Uhr fuhren wir los. Über 9 Kilometer ging es steil bergauf, bis wir die Höhe von 1504 m erreicht hatten. Dies war der höchste Punkt in Spanien. Mehrfach mussten wir Pausen einlegen. In Foncebadon, einem alten, fast verlassenen Pilgerort, trafen wir 2 Österreicherinnen die auch mit Fahrrädern unterwegs waren. Ich ließ Mariano vorneweg fahren, da ich den Augenblick in dem das Eisenkreuz zum ersten Mal zu sehen war, letztes Jahr schon erleben durfte.

Es ist ein emotional sehr beeindruckender Moment, wenn  plötzlich mitten in der Landschaft ein hohes auf einem einfachen Baumstamm befestigtes schlichtes Eisenkreuz auftaucht, das umgeben ist von Millionen von Steinen, die im Laufe der Jahrhunderte von Pilgern als Symbol für die Lasten des Lebens abgelegt worden sind. Teilweise werden hier auch Kleidungsstücke, oder andere Gegenstände deponiert. Pilger aus vielen Ländern treffen sich hier um einen Moment inne zu halten, um sich zu sammeln und Kraft zu schöpfen für die weitere Pilgerfahrt zu ihrem Ziel, dem Apostelgrab in Santiago de Compostela. Auch Mariano und ich haben hier am Fuß des Kreuzes unsere persönlichen Steine für uns und unsere Familien abgelegt, die wir über eine Strecke von über 2000 Kilometern von zuhause mitgebracht hatten.

Ebenso die Pilgersteine für unsere Freunde. Die Steine für Elsa und Peter, für Alfons und Rosmarie und die Steine für unsere Tenniskollegen. Sogar den kleinen Kieselstein den ich bei einem Besuch im heimischen Gasthaus Löwen in Geroldstal von meinem Bekannten Hansjürgen V. bekommen hatte, legte ich sorgfältig und mit guten Wünschen ab. Jeder von uns hat für sich allein gebetet und den Dank ausgesprochen, dass er gesund und wohlbehalten bis hierher gekommen ist. Dazu Bitten und Wünsche für Familie, Verwandte und Freunde vorgebracht.

Die Wetterlage hatte sich verschlechtert, es regnete und Nebelschwaden kamen aus den Tälern hervor…………

 
Fortsetzung im Buch
 
 
 
2. Leseprobe der 2. Reise
 
 
 
Tagebuch von Mariano, 24. Tag 17. August  2004
 

 

Rudi holt beim „Herbergsvater“ den Stempel und ich stehe vor den Wegweisern der rustikalen                    Pilgerherberge von „Manjarin“

 

Wir frühstückten zuerst in meinem Zimmer mit Gebäck und gingen anschließend zum Kaffeetrinken ins Lokal. Um 9.00 Uhr fuhren wir los, bergauf, bergauf und immer noch weit entfernt vom Monte Irago und dem Cruz de Ferro.

Aber dann, ganz oben auf dem Berg (Rudi hatte mich voran fahren lassen) sah ich so etwas wie einen Baumstamm mit einem einfachen Eisenkreuz geschmückt.

Ich war sehr gerührt, hatte Tränen der Freude in den Augen und dankte Gott, dass ich nach meiner schweren Krankheit diese Reise machen konnte.

Ich küsste meinen Pilgerstein und legte ihn zu den anderen Steinen am Fuße des Kreuzes ab. Es war für mich sehr bewegend. Rudi machte dann noch Fotos und filmte den Hügel und das Kreuz.

 

Wir fuhren dann weiter über El Acebo nach Ponferrada. Die Abfahrt vom Cruz de Ferro war 15 Kilometer lang. Nach insgesamt 60 Kilometer kamen wir in Villafranco del Bierzo an………..

 

Fortsetzung im Buch